Dienstag, 18. Mai 2010

Pater familias (I)

Liedtexte sind in aller Regel Stuss. Gab es nicht in den 80er Jahren einen Sänger, der sich "Kinder an die Macht" gewünscht hat? Welch gemeingefährlicher Unsinn. Kinder setzen sich nicht zum Kompromiss bereit nächtelang an den koalitionären Verhandlungstisch und diskutieren friedlich Umverteilungsfragen. Nein, ein kurzer Streit um ein Gummibärchen reicht schon aus: "Dann bist Du eben nicht mehr mein Freund." Haben Sie schon einmal beobachtet, mit welcher Freude Kinder auf verirrten Ameisen herumhüpfen und sonstiges harmloses Getier lustvoll quälen? Wollen Sie an einem von Kindern geführten Krieg teilnehmen? Eben. Kinder sind machtversessen. Sie ziehen keine Zufriedenheit aus einem "ich habe". Der entscheidende Distinktionsgewinn kommt erst aus dem "und du nicht". Bevorteilt man ein Kind heimlich und leise bei der Süßigkeitenausgabe, marschiert es hämisch grinsend - statt still zu genießen - zu den anderen und schreit: "Guckt was mir der Papa gegeben hat". Ich habe mich entschlossen, dieses Verhalten ab sofort öffentlich anzuprangern. Da ich mit vier Frauen zusammenwohne (drei minderjährig, eine ausgewachsen), wähle ich fortan jede Woche unter allen weiblichen Familienmitgliedern eine "Miss Gunst".